Zur Krise und Zukunft der LINKEN in Sachsen
Von Max Becker und Silvio Lang
Die Krise der Partei DIE LINKE ist nicht nur eine Krise der Bundespartei, sondern aller ihrer Gliederungen. Auch DIE LINKE in Sachsen erreichte nur noch 9,3 %, wobei dieses Ergebnis durch das vergleichsweise gute Abschneiden insbesondere in Leipzig und Dresden teils positiv verzerrt wird. Vielerorts ist DIE LINKE unter das Ergebnis der letzten Landtagswahlen gerutscht. Wenn bei der Landtagswahl 2024 ein zweistelliges Ergebnis erzielt werden soll, müssen dringend Veränderungen in der Landespartei angegangen werden. Die Zeit der ausschließlich nach innen gerichteten Politik muss vorbei sein. DIE LINKE muss in Sachsen wieder als politische Kraft wahrnehmbar sein. Hierzu unterbreiten wir 8 Vorschläge, für eine Erneuerung der LINKEN in Sachsen:
- Grundlage jeglicher Neuaufstellung muss die Verständigung auf ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Vision sein. Diese muss nicht lang sein, kein Grundsatzprogramm umfassen. Aber sie muss prägnante, verständliche Antworten auf die Fragen umfassen, die wir als grundsätzlich für die politische und gesellschaftliche Entwicklung in Sachsen definieren. Diese Definition muss geprägt sein von der Erkenntnis, dass wir bislang ganz offensichtlich eher die Fragen gestellt und beantwortet haben, die aus unserer Sicht entscheidend waren – nicht aber jene, welche eine Vielzahl der Wähler*innen für relevant hielt. Wir müssen also andere Fragen stellen und neue Antworten suchen.
Diesen Prozess zu initiieren muss Kernaufgabe des neuen Vorstandes sein. Wir wollen dabei keine jahrelange Selbstbeschäftigung. Uns schwebt vielmehr ein offenes, digital gestütztes Beteiligungsformat vor, in das jede*r seine zwei oder drei Kernfragen und Antworten einspeisen kann. An dessen Ende sollte eine Mitgliederentscheidung stehen, die ca. 10 Kernthemen der Partei DIE LINKE. Sachsen definiert. - In Verbindung mit der Frage nach der inhaltlichen Vision muss die Klärung der Frage der personellen Verkörperung stehen. Lange Personaldebatten, unklare Verhältnisse in Partei und insbesondere Fraktion, Unklarheit darüber, wer eigentlich für DIE LINKE spricht (und wer nicht) haben in den letzten Jahren zum Bild der zerstrittenen Partei geführt. Dies gilt auf allen Ebenen und ist somit auch für Sachsen richtig.
Wir wollen deshalb, dass gleichzeitig mit der inhaltlichen Neuausrichtung auch langfristig im Vorfeld der Landtagswahl die personelle Ausrichtung geklärt wird. Wer steht mit Namen und Gesicht für das inhaltliche Angebot der LINKEN in Sachsen? Der neu zu wählenden Vorstand hat diesen Entscheidungsprozess in Verbindung mit der inhaltlichen Frage bis zum Ende des kommenden Jahres zu organisieren. Ist die Entscheidung gefallen, erwarten wir von allen Mitgliedern in Sachsen das Ende der nach außen geführten Personaldebatten. - Die politische Kommunikation der gesamten Partei ist mangelhaft. DIE LINKE in Sachsen braucht eine klare Kampagnenorientierung für die Landtagswahl 2024. In den verbleibenden knapp drei Jahren bis zur Landtagswahl muss die Partei daher für ihre Kernthemen klare und gut vermittelbare öffentliche Kampagnen fahren. Wir schlagen daher vor: Mit je zwei der 10 definierten Kernthemen wird über die Dauer von 6 Monaten eine Kampagne von Partei und Fraktion aufgelegt. Die zehn Schwerpunkte der Kampagne bilden die Grundlage für die Wahlkampagne 2024.
- DIE LINKE ist im Osten – mit Ausnahme von Thüringen — keine Volkspartei mehr. Um im Osten wieder stärker zu werden, braucht die Partei eine neue Erzählung Ost. Dies ist Aufgabe der gesamten Partei. DIE LINKE in Sachsen sollte hier dennoch voran gehen. Unser Vorschlag dazu lautet: DIE LINKE in Sachsen veranstaltet im kommenden Jahr Runde Tische, auf denen sie an einer neuen Erzählung Ost arbeitet. Dazu sucht sie insbesondere den Kontakt zu Gewerkschaften und zur Zivilgesellschaft, um gemeinsam mit ihnen über die Anforderungen und Wünsche einer solchen Erzählung zu diskutieren. Insbesondere legt DIE LINKE. Sachsen dabei Wert auf die anstehenden Transformationsprozesse in der Kohle- und Automobilindustrie.
- Wir wollen als DIE LINKE in Sachsen einen Prozess darüber anstoßen, welche Veränderungen sich progressive Akteure für Sachsen wünschen. Dazu stoßen wir mit Gewerkschaften, Zivilgesellschaft und anderen Akteuren eine Debatte über einen Politikwechsel in Sachsen an. Als Partei veranstalten wir im Jahr 2023 eine große landesweite Konferenz, bei der alle progressiven Akteure des Landes zusammen kommen und ein gemeinsames Leitbild für ein anderes Sachsen entwickeln.
- Die Mitgliederzahlen der Partei sind weiter rückläufig. Einzig in Leipzig ist ein Mitgliederzuwachs zu erkennen. Um dem entgegen zu wirken, startet DIE LINKE. Sachsen im kommenden Jahr eine Mitgliederoffensive. Insbesondere unter Gewerkschafter*innen und Arbeiter*innen soll für die Mitgliedschaft geworben werden.
- DIE LINKE kann bei Wahlen dort erfolgreich sein, wo ihre Politik konkret wird und sie Menschen ermutigt, selbst ihre Stimme zu erheben. Daher startet DIE LINKE. in Sachsen ein Organizing-Pilotprojekt. An drei Orten in Sachsen (Großstadt, Mittelzentrum, ländlicher Raum) wird die Partei durch Organizing in bestehende Kämpfe (um Mieterhöhungen, Schulschließungen, Bahnstreckenreaktivierungen etc.) intervenieren. Um dies zu ermöglichen, wird in der Landesgeschäftsstelle eine Stelle für Organizing geschaffen.
- DIE LINKE begibt sich mit SPD und Grünen in Absprachen über gemeinsame Kandidierende bzw. gegenseitige Unterstützungen für die Landrats- und Oberbürgermeisterwahlen im kommenden Jahr. Ziel muss sein, auf positiven Erfahrungen aus den vergangenen Jahren (Plauen, Hoyerswerda, Chemnitz) aufzubauen. Motivation für breite Bündnisse ist dabei nicht nur die Verhinderung von Wahlsiegen der faschistischen AfD und damit eine weitere rechte Raumnahme in Sachsen, sondern die von unten nach oben wachsende Erkenntnis, dass progressive Bündnisse gegen die im Taumeln befindliche (National-)konservativ-bürgerliche Hegemonie in Sachsen positive Veränderungen erzeugen können und diese letztlich beseitigen.
Max Becker, 30, ist Ökonom sowie Aktivist für Klimagerechtigkeit und lebt in Leipzig. Er ist Mitglied im Parteivorstand der Partei DIE LINKE. Kontakt: znkvzvyvna.orpxre@qvr-yvaxr.qr
Silvio Lang, 37, kommt aus der Lausitz, lebt aber in Dresden. Er ist Kreisvorsitzender für DIE LINKE. Bautzen und Mitglied im Landesvorstand Sachsen. Zuletzt kandidierte er für den Bundestag im Wahlkreis Dresden II – Bautzen II (WK 160). Kontakt: fvyivb.ynat@qvryvaxr-fnpufra.qr